In der Vitrine vor Ihnen befinden sich zwei Theaterkostüme, links eine kurze Strickjacke und rechts ein Anzug aus Leder. Die Strickjacke hat eine Knopfleiste mit goldenen Knöpfen, einen weißen Bauchbund und weiße Armbündchen. Die Jacke ist bunt gestreift und hat ein auffälliges Muster. Streifen, die von der Form her an Taue erinnern in den Farben weiß und Gold wechseln sich ab mit blauen, grünen und roten Bändern. Dazwischen sind rote Halbkreise mit goldener Umrandung und Blüten sichtbar. Der Anzug besteht aus einer braunen Jacke mit Knopfleiste vorne und an den Armen. Darüber liegt schräg eine goldene gemusterte Schärpe. Unter der Jacke scheint ein langärmeliges weißes Hemd hervor. Es hat einen auffälligen breiten Kragen und ausfallende Ärmel, beide mit Spitze besetzt. Darunter sieht man einen breiten goldenen Gürtel mit Muster und eine braune Hose mit Nieten.

Aufbauarbeit

Die beiden Kostüme stammen aus den Theateraufführungen „Das Los des Ossian Balvesen“ und „Viel Lärm um Nichts“, die am Schauspielhaus Bochum in den Jahren 1952 und 1957 Premiere feiern. „Großes realistisches Theater“ und „Shakespeare-Fest in Bochum“ – derart begeistert loben Kritiker anschließend die Stücke von Georg Kaiser und William Shakespeare. Bochumer Intendant ist seit 1949 Hans Schalla. Dass er Dramen von Georg Kaiser spielen lässt, ist zu Anfang der 1950er Jahre außergewöhnlich. Kaiser ist nicht mehr auf deutschen Bühnen gezeigt worden, seitdem nationalsozialistische Studenten seine Werke in den Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 geächtet haben. Schalla setzt außerdem zeitgenössische internationale Dramatiker wie Arthur Miller und Jean-Paul Sartre auf den Spielplan. Bei Shakespeare gräbt er nach selten gespielten Stücken oder interpretiert die allseits bekannten neu. Schalla erneuert das Programm. Damit sorgt er für Aufsehen.

Der Stellenwert des Theaters in der Nachkriegsgesellschaft ist heute kaum zu ermessen. Die Menschen sind existentiellen Nöten ausgesetzt, viele Theaterbauten liegen in Trümmern. Die Stadttheater sorgen aber landauf, landab schon seit 1945 wieder für Unterhaltung zu erschwinglichen Preisen. Die Ensembles präsentieren leichte Komödien und Dramen mit erfreulichem Ausgang. Dabei spielt es keine Rolle, dass in den improvisierten Spielstätten vorerst eine Heizung oder prächtige Bühnenausstattung fehlen. Das unscheinbare Jäckchen ist ein sprechender Überrest aus einer frühen Phase des nordrhein-westfälischen Theaterlebens.