In der Vitrine vor Ihnen sitzt auf einem kleinen Ständer ein Kuscheltier in Form eines rosafarbenen Flamingos. Er ist etwa 40 cm hoch und 20 cm breit. Man sieht ihm an, dass er schon älter ist. Das rosa Fell ist verblichen und zerzaust.

Spaßvogel

Der Flamingo hat es in sich: „Stupid Cupid you're a real mean guy.
I’d like to clip your wings so you can’tfly.
I’m in love and it’s a crying shame.
And I know that you’re the one to blame.“

… so tönt es auf Knopfdruck aus dem Plüschtier. Etwas blechern spult die Spieluhr den Hit der amerikanischen Sängerin Connie Francis aus dem Jahr 1958 ab. Der Vogel lässt dazu den langen Hals kreisen.

Der Besitzer des Flamingos ist Mike Lüdorf, ein starker Mann mit unzähligen Tattoos. Er hat an dem rosa Plüschtier seine Freude. Lüdorf hat einiges hinter sich. Als Jugendlicher gerät sein Leben aus den Fugen: Alkohol, harte Drogen, eine abgebrochene Bäckerlehre. Dann Absturz in die Obdachlosigkeit. Etwa dreißig Jahre lebt Lüdorf in Düsseldorf auf der Straße. Seit 2004 verkauft er die Straßenzeitung fiftyfifty.

Armut hat viele Gesichter. Menschen ohne Wohnung sind am sichtbarsten. Aber es gibt noch viele weitere. Fast zwei Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen erhalten 2019 staatliche Hilfen, um ihren Lebensunterhalt auf einem Mindestmaß zu sichern. 17 Prozent der Menschen im Land gelten als armutsgefährdet. 170 Tafeln stellen Bedürftigen gegen geringes Entgelt Lebensmittel zur Verfügung.

Mike Lüdorf, der Mann mit dem Flamingo, hat ein fröhliches Naturell. Er lässt sich nicht unterkriegen. Dank fiftyfifty kann er seine letzten Lebensjahre in einer Wohnung verbringen. Bei den Fußballfans von Fortuna Düsseldorf genießt er Kultstatus. Als er im November 2019 stirbt, widmen ihm Anhänger beim nächsten Spiel zwei riesige Transparente. Freundschaft und Respekt für einen Mann, der die meiste Zeit seines Lebens kein Zuhause hatte!