Hinter Glas auf einem Regalbrett in Schulterhöhe liegt ein roter Backstein. Er ist etwa 6 cm hoch und 25 cm breit. Auf der Ihnen zugewandten Seite gibt es noch Spuren von Mörtel und weißer Farbe.

Steinerner Zeuge

Wo einst ein großes Zweifamilienhaus gestanden hat, klafft heute eine große Lücke. Fünf gepflanzte Kastanienbäume und eine Plakette mit den Namen der hier ermordeten fünf jungen Frauen und Mädchen erinnern heute an Gürsün İnce, Gülüstan Öztürk und an Hülya, Hatice und Saime Genç. Sie sterben bei dem rassistisch motivierten Brandanschlag auf ihr Haus in der Unteren-Werner-Straße am 29. Mai 1993 in Solingen. Der Stein stammt aus dem zerstörten Haus und ist stiller Zeuge der hier verübten Morde.

Der Brandanschlag von Solingen ist trauriger Höhepunkt einer Reihe von rassistisch motivierten Anschlägen zu Beginn der 1990er Jahre: Eberswalde, Hoyerswerda, Hünxe, Rostock-Lichtenhagen, Mölln. Unter dem Druck der immer lauter werdenden ausländerfeindlichen Stimmen, debattiert auch die Politik kontrovers über die sogenannte „Ausländerfrage“. Am 26. Mai 1993 beschließt der Bundestag die Einschränkung des Asylrechts.

Die Stadt Solingen und das Land Nordrhein-Westfalen erschüttert der Mordanschlag tief – vielerorts gehen Menschen gemeinsam auf die Straße und setzen sich für Versöhnung ein. Es stellen sich Fragen nach Schuld, Versäumnis und Versagen. Viele Menschen bewegt der Schock jedoch zum Handeln, das bis heute Wirkung zeigt. Eine private Initiative errichtet ein Mahnmal für die Ermordeten, das wir hier auch im Modell zeigen. Mevlüde Genç, Großmutter, Mutter und Tante der Ermordeten, ruft trotz der Gewalt gegen ihre Familie zur Versöhnung auf. Bis heute fordert sie „Frieden und Einheit miteinander“ ein und nennt Solingen ihr Zuhause.