Vor Ihnen steht in einer hüfthohen Vitrine ein kleiner zylinderförmiger Mantel aus Stoff. Er ist auf 2 Holzstäben aufgewickelt und etwa 60 cm hoch und 30 cm breit. Der Mantel besteht aus blauem Samt und schließt oben und unten mit goldenen Fransen ab. Auf dem Mantel sind verschiedene Symbole in Gold aufgestickt: In der Mitte der Davidstern, rechts und links von ihm jeweils ein Löwe. Über dem Stern ist eine Krone, darunter eine Blumenranke gestickt. Auf dem Mantel stehen oben und unten hebräische Schriftzeichen.

Kostbarer Neuanfang

Blauer Samt, Fransen, dazu mit Gold und Perlen bestickt – die Hülle ist offensichtlich für etwas Kostbares bestimmt. Sie dient in der Kölner Synagoge als Mantel für die Thora, die Schriftrollen mit den heiligen Texten der Juden. Neben religiösen Symbolen und Formeln in hebräischer Sprache ist darauf auch ein Hinweis auf das Entstehungsjahr 1960 angebracht.

Die Thorahülle steht damit auch für den Neuanfang jüdischen Lebens in Nordrhein-Westfalen nach dem millionenfachen Judenmord der Nationalsozialisten. Von offizieller und privater Seite erfährt das Judentum viel Unterstützung. Die feierliche Einweihung der großen Synagoge in Köln im September 1959 ist ein deutliches Signal der Politik, ein neues Kapitel für die jüdischen Gläubigen in Deutschland aufzuschlagen. Doch schon an Weihnachten 1959 beschmieren rechtsextreme junge Männer das jüdische Gotteshaus. Viele Deutsche sind bestürzt über den schrecklichen Vorfall, einige zeigen aber auch offen Sympathien für die Täter.

Bis heute sind Jüdinnen und Juden von Hass und Gewalt bedroht. Zwar wachsen ihre Gemeinden und öffnen sich der Gesellschaft, aber die Angst vor Anfeindungen ist immer gegenwärtig. So gehören die Jüdischen Kulturtage im Rheinland seit 2002 zum festen Kulturkalender des Landes. Aber auch als 2019 am Samstagabend im Düsseldorfer Kunstpalast eine DJane aus Tel Aviv Platten auflegt, ist ein Sicherheitsdienst mit Funkgeräten ständig vor Ort, um mögliche Anschläge auf die Veranstaltung zu verhindern.